Teamförderliche Führungs-Spielregeln
Auch jene Berater, die nicht als „weich“ gelten haben zunehmend erkannt und anerkannt, dass nur in solchen Unternehmen nachhaltige Erfolge erzielt werden, in denen die weichen Faktoren für ebenso wichtig erachtet werden wie die harten. Berühmt geworden ist der Satz von Peters und Waterman:
Weich ist hart … und diese (weichen) Faktoren haben mit Sicherheit genauso viel oder noch mehr mit dem Erfolg (oder Misserfolg) ihres Unternehmens zu tun wie die formalen Strukturen und Strategien. (Auf der Suche nach Spitzenleistungen, 2004, S. 33).
Ein Führungs-Selbstverständnis, das Führung als zielführenden Prozess sieht, gilt sowohl dem einzelnen Mitarbeiter, als auch der Gruppe aller Mitarbeiter eines Führungsbereiches gegenüber. Diese gleichermaßen individuelle und teamorientierte Ausrichtung ist nützlich, weil Menschen beide Fähigkeiten in sich tragen, als Einzelkämpfer und als Teamspieler leistungsfähig zu sein. In komplexer werdenden Systemen werden jedoch zunehmend mehr die Teamqualitäten von Mitarbeitern gefordert. Die Einzelkämpfer-Fähigkeiten müssen in Teamzusammenhängen noch besser balanciert werden, weil diese hier schnell kontraproduktiv wirken können: Starallüren, Egoismus, Rivalität, Profilierungs-Konflikte.
Lebenserfahrung und Forschungsergebnisse legen folgende Team-Führungs-Spielregeln nahe:
Spielregel (1): Individuelle Verantwortung und Leistung
Betonen Sie, dass jeder Mitarbeiter auch als Teammitglied an seinen individuellen Leistungen gemessen wird. Nur sollten diese den Bereichszielen zugute kommen und keinem Kollegen aus dem Team schaden.
Spielregel (2): Teamorientierte Verantwortung und Teamleistung
Zusätzlich zur Erreichung der individuellen Zielvereinbarungen trägt jeder Mitarbeiter – so die Teamspielregel – Mitverantwortung an der Erreichung der Gesamtziele des Bereiches (Teamziele), also genau genommen für die Erreichung der Ziele, welche die Führungskraft individuell mit der Hierarchie für ihren Verantwortungsbereich vereinbart. Das hat zur Folge, dass die Führungskraft im Vorgriff auf ihre Zielvereinbarungsgespräche bereits das Ziel- und Leistungspotential seiner Mitarbeiter antizipieren und vorklären sollte, um nicht unrealistische Versprechen nach oben zu machen. Der Unterschied zur klassisch-hierarchischen, individuell orientierten Bereichsorganisation ist formal zunächst nicht besonders groß, denn auch hier verteilt und delegiert die Führungskraft die Bereichsaufgaben auf ihre Mitarbeiter und macht entsprechende 4-Augen-Zielvereinbarungen. Zu einer teamorientierten Organisation sollte dieser Aufgabenverteilungsplan vorher im Team transparent gemacht werden und kann dann noch nach funktionalen und Fairness-Gesichtspunkten durch Aufgabentausch, Schnittstellenoptimierung zwischen den Kollegen etc. verbessert und korrigiert werden. Das wird in dem Maße erfolgen, wie sich alle gemeinsam für das Erreichen der Bereichsziele verantwortlich fühlen. Es wäre sicher nützlich, wenn die Führungskraft dafür Sorge trägt, dass neben der individuellen Leistungsanerkennung auch eine offizielle Teamanerkennung möglich wird. Für das Teamspiel dürfte es günstig sein, wenn in die individuelle Leistungsanerkennung auch der individuelle Beitrag zur Teamleistung einfließt.
Spielregel (3): Kollegiale Rückmeldungen und Verbesserungswünsche
Aus der gemeinsamen Verantwortung für die Erreichung der Teamziele ergibt sich allerdings eine wesentliche Konsequenz: Die Leistungs-Rückmeldeprozesse und -Beurteilungen erfolgen nicht mehr nur von Seiten des Vorgesetzten, sondern auch von Seiten der Teammitglieder. Denn wenn ich als Teammitglied für das Erreichen der Gesamtziele mitverantwortlich bin, dann muss ich auch auf die Beiträge meiner Teamkollegen Einfluss nehmen können.
Insgesamt sind stärkenorientierten Rückmeldungen emotional relativ unproblematisch und werden als kollegiale Wertschätzung erlebt. Problematischer sind die kritischen Rückmeldungen zu den Teamschwächen der Kollegen. Aus Harmonie-, Loyalitäts- und Solidaritätsgründen wollen manche ihre Kollegen schonen – auch nach dem Sozialhandelsprinzip
Tust du mir nichts, tu ich dir nichts!
Kollegiale Rückmelde-Formen werden gerade von den schwächeren Mitspielern als problematisch, weil eventuell „gesichtsschädigend“, erlebt und sollten in Teambildungs-Workshops entsprechend behutsam und schrittweise eingeübt werden. Wenn eine Führungskraft aus Harmoniegründen auf diese „Härte des Teamspiels“ verzichten möchte, empfehlen wir meist, auf Teamentwicklung zu verzichten und mit einer guten Gruppen-Performance zufrieden zu sein. Gruppen können über den hierarchischen Vorgesetzten gesteuert werden – nach der Produktivitätsformel „1+1=2“. Es wird allerdings auf die Nutzung der horizontalen Selbstorganisationskräfte auf Kollegenebene und den emotional-gruppendynamischen Kräften (wie interner Wettbewerb, soziale Anerkennungswünsche, sich mutiger fühlen, Neid, etc.) verzichtet, was zu Produktivitätspotentialen von „1+1=3“ führen kann. Der Preis ist allerdings das erhöhte Konfliktrisiko in Teams, besonders wenn die Teamleistung nicht so schnell zum gewünschten Erfolg führt.
Spielregel (4): Teamfreundliches Führungs-Selbstverständnis
In unseren Teamentwicklungs-Workshops mit Führungsmannschaften haben sich zwei Instrumente bewährt, die zu einer relativ schnellen Annäherung in den Fragen geführt haben, die wichtig für die Entwicklung eines gemeinsamen Führungs-Selbstverständnisses sind.
- Was ist charakteristisch für eine teamförderliche Führung?
- Wie möchte ich als Teammitglied geführt werden?
- Woran will ich mich als Führungskraft von den Mitarbeitern in meinem Team messen lassen und mir entsprechende Rückmeldungen einholen?
Über das erste Instrument erreichen wir ein richtungsweisendes Verständnis, dass teamorientierte Führung am besten gelingt, wenn man als Führungskraft einen „Weg der Mitte“ geht, also weder zu stark lenkt (Autoritärer Führungsstil), noch sich zu sehr heraushält (Laissez-faire-Führungsstil).
Spielregel (5): Feedback an die Führungskräfte
Im Zusammenhang mit diesen Fragen der Teamführung empfehlen wir Führungskräften mit teamorientiertem Selbstverständnis, sich 1 – 2 mal pro Jahr ein anonymisiertes Feedback ihrer Mannschaft einzuholen und daraus eigene Führungsentwicklungsschritte abzuleiten. Mit einem solchen „Feedback von unten“ geht die Teamführung mit gutem Beispiel voran für die Einführung regelmäßiger kollegialer Rückmeldungen der Teammitglieder untereinander.
Wenn Sie einen TE-Workshop mit Ihrer Mannschaft planen – freuen wir uns über Ihre Kontaktaufnahmen!
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